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Bewertung der Pläne

Der Speicherkoog soll bleiben, wie er ist. Nicht nur die Tiere, sondern auch die Menschen suchen dieses schöne Gebiet auf, um die (größtenteils noch vorhandene) Ruhe zu genießen.

 

Aber auch aus naturschutzfachlicher Sicht muss den Plänen eine klare Absage erteilt werden.

 

Weder der Wert noch die Bedürfnisse des Gebiets und seiner tierischen und pflanzlichen Bewohner werden ausreichend berücksichtigt. Die möglichen Auswirkungen der Pläne werden unterschätzt.

 

Die Schaffung von weiteren Übernachtungsmöglichkeiten wird diverse Folgen haben und Gefahren für eine Verschlechterung mit sich bringen:

 

- Verkehr

Die Zahl der Todesopfer durch Autos und Wohnmobile wird mit zunehmendem Verkehr zunehmen. Daran werden auch Geschwindigkeitsbeschränkungen nichts ändern. Das zeigt sich bereits jetzt, da Geschwindigkeitsbegrenzungen von zu vielen Fahrern nicht eingehalten werden.

 

- Licht

Die drei betroffenen Bereiche (Hafen, BSt Nordermeldorf, BSt Elpersbüttel) werden – schon wegen der Verkehrssicherungspflicht – beleuchtet sein müssen. Es wird zu zusätzlichen Lichtimmissionen kommen, die sich negativ auf die Tiere und Pflanzen auswirken können. Durch den zusätzlichen Verkehr auch nachts, wenn die Gäste vom Restaurantbesuch oder einen Ausflug in die Umgebung zurückkehren, kommt es zu mehr Schweinwerferlicht.

 

- Lärm

Bereits jetzt suchen mehr Menschen aus freizeittouristischen Gründen bzw. Gründen der Naherholung den Speicherkoog auf, als das Gebiet verträgt. Zusätzliche Menschen, die surfen, schwimmen, grillen, spielen, Rad fahren, Inline skaten, spazieren gehen etc. bedeuten naturgemäß zusätzlichen Lärm (rufen, kreischen, lachen…). Zusätzlicher Lärm lässt sich auch nicht wirksam einschränken.

 

- Müll

Wo viele Menschen übernachten, fällt Müll an. Wo Müll ist, finden Säugetiere wie Fuchs, Marderhund und Ratten, zusätzliche Nahrung. Ein zusätzliches Nahrungsangebot führt zu besseren Bedingungen und zu einer höheren Vermehrungsrate. Mehr Füchse/Marderhunde/Ratten bedeuten noch mehr Verluste bei Eiern und Küken der Wiesenbrüter. Selbst wenn die Mülleimer so gestaltet werden, dass die Säuger nicht an den Inhalt kommen (sollen), werden sie profitieren. Der Müll landet nämlich nicht immer in den Mülleimern, sondern wird auch in der Natur „entsorgt“. Das fängt beim Stück Apfel an und hört beim Fischbrötchen nicht auf. Auch das wird sich nicht verhindern lassen, weil man die Nutzer nicht 24 Stunden überwachen kann.

 

- Abwasser

Das Abwasser der geplanten Ferienhaus-Siedlung soll vor Ort über eine Kleinkläranlage gereinigt und dann in das Hafenbecken geleitet werden. Das NSG Kronenloch wird direkt über den Hafen mit Frischwasser (normalerweise: Salzwasser aus der Nordsee) versorgt. Welche Auswirkungen das Abwasser haben wird, lässt sich nur schwer abschätzen.

 

- Spaziergänger/Radfahrer/Inline-Skater

Wie bereits erwähnt, reagieren die Vögel auf Menschen ohne Auto, z.B. Spaziergänger, Radfahrer und Inline-Skater teilweise sehr empfindlich, während Autos an sich weniger Störungen hervorrufen. Wissenschaftliche Studien belegen, dass sich die Anwesenheit des Menschen massiv negativ auf die scheuen Wiesenvögel auswirkt (Holm&Laursen, Experimental disturbance by walkers affects behaviour and territory density of nesting Black-tailed Godwit Limosa limosa, 2008, hier erhältlich)

 

Jeder kennt den Mäusebussard auf der Leitplanke an der Autobahn. Würde ein Autofahrer anhalten und aussteigen, würde der Vogel sofort wegfliegen. Auch bei der Vogelbeobachtung geht eine geringere Störung von Beobachtern aus dem Auto aus, als von denjenigen, die aussteigen. Deshalb sind Beobachtungshütten so sinnvoll.

 

- Unwissenheit der Besucher

Je mehr Zeit man im Speicherkoog verbringt, desto mehr Störungen durch Fehlverhalten beobachtet man. Menschen klatschen in die Hände, um ein Foto von dem auffliegenden Vogelschwarm zu machen. Dass dies eine Störung und eine Ordnungswidrigkeit ist, ist ihnen nicht bewusst. Auch dies wird man nicht verhindern können, weshalb die touristische Infrastruktur nicht noch verstärkt werden sollte.

 

Zielgruppe: Natururlauber

Die Planer möchten sich mit Ihrem Angebot an Natururlauber wenden. Aber:

 

1. Natururlauber möchten nicht an einem – schon jetzt – extrem belebten Hafenbecken neben dem Bauhof Urlaub machen. Jedenfalls tagsüber, wenn zusätzlich die Tagestouristen im Gebiet sind, werden Natururlauber sich vom Trubel am Hafenbereich entfernen und ruhige Ecken im Gebiet aufsuchen. Damit verteilen sich die Menschen immer tiefer ins Gebiet und dringen in Bereiche vor, die bisher zum Glück noch relativ ungestört sind. Auch dort wird die Natur dann nicht mehr ungestört sein können.

 

2. Hinzu kommt, dass der Natur der Unterschied zwischen Natururlauber und Nicht-Natururlauber nicht bekannt ist. Die Uferschnepfe wird bei einer Störung von ihrem Nest auffliegen. Das kann zur Folge haben, dass das Gelege auskühlt. Es kann auch zur Folge haben, dass die Rabenkrähe dies beobachtet und so auf das Gelege aufmerksam wird. Man kann den Vögeln nicht erklären: „Ich bin Dein Freund. Lass Dich nicht stören.“. Das funktioniert nicht.

 

3. Aufgrund der Ausgestaltung des Angebots ist eher davon auszugehen, dass Wassersportler und Familien das Angebot in Anspruch nehmen werden. Schaut man sich die Planungsunterlagen an, ist es sogar explizites Ziel der Planer, den Bereich um den Meldorfer Hafen für Kite-Surfer zum Hotspot zu entwickeln. So steht in den Unterlagen: "Ziel sollte es sein, den Hafenstandort meldorf als stadtnahen (Hamburg) Kitespot zu vermarkten, der eine attraktive Alternative zu anderen Kitespots an der Nordsee darstellt". (Planungsstand 2013; dies mag von den Planern heute wohl nicht mehr so formuliert werden.)

 

4. Den Betreiber der Ferienhaussiedlung wird es wenig interessieren, ob der zahlende Gast Natururlauber (was auch immer das sein soll) ist oder nicht. Unklar ist, wie er bei der Buchung die Gesinnung seiner potentiellen Gäste prüfen soll, falls er dies wollte. Unklar ist auch, wie das Kommunalunternehmen dies überprüfen will.

 

Zielgruppe: mittleres und höheres Einkommen

Es sollen Menschen mit mittlerem und höherem Einkommen angezogen werden. Dabei verkennen die Planer, dass gerade Menschen, die einen höheren Preis zahlen auch mehr Angebot verlangen und weniger Einschränkungen hinnehmen.

 

Im Rahmen der Planungen haben diverse Workshops stattgefunden. In der Einladung zum Workshop am 24.11.2017 hieß es: „Dazu würden wir vom Kommunalunternehmen Tourismusförderung Speicherkoog gerne in einem Workshop (…) Ihnen Gelegenheit geben, bei der Belebung des Speicherkoogs mitzuwirken.“. Gewollt ist also eine Belebung des Speicherkoogs. Aus Sicht der Natur ist eine Belebung dringend zu verhindern.

 

Wie geht’s weiter?

Die Entwicklung zeigt bereits jetzt, dass die touristische Erschließung mit den hier geplanten Projekten nicht abgeschlossen sein wird. In einem der Gespräche zur Planung des Hafenfestes 2018 wurde bereits angemerkt, dass künftig auch die Badestellen bei dem Hafenfest einbezogen werden sollen. Dies wird zu einem zusätzlichen Verkehr zur Badestelle Nordermeldorf führen. Hinzu kommen der zusätzliche Lärm und die zusätzliche Anwesenheit von Menschen. Es wird also immer weiter gehen. Umso wichtiger ist es, bereits jetzt eine klare Grenze zu ziehen und zu sagen: Stop! Tourismus bis hierher und kein Stück weiter. Auf jeden Kompromiss folgt ein neuer Kompromiss. Scheibchenweise (Salami-Taktik) wird die Natur immer weiter zurück gedrängt.

 

Was ist, wenn der Ferienhausbetreiber in ein paar Jahren feststellt, dass sich die 70 Häuser nicht rechnen und zugebaut werden müsste?

 

Was ist, wenn in ein paar Jahren andere Köpfe im Kommunalunternehmen sitzen, die noch stärkere wirtschaftliche Interessen verfolgen und nicht nur die Natururlauber ansprechen wollen und die Pläne für eine Wasserski-Anlage und den Kite-Spot wieder aufleben lassen?

 

Was ist, wenn - wider Hoffen und Erwarten - sich die Situation für die geschützten Vogelarten durch die vielen Menschen verschlechtert? Werden die Wohneinheiten dann zurückgebaut?